Dirks Solo-Nachtfahrversuch

Als Dreierteam sind wir, Hansi, Dirk und ich gerne auf Radtouren aller Art unterwegs. Diesmal, am letzten Freitag, ist Dirk zu einer Solotour aufgebrochen. Während Hansi samt Nachwuchs und Partnerin das Sauerland unsicher gemacht hat, hielt ich gemeinsam mit Bijan den Overnighter-Workshop für den Naturpark Habichtswald. Dirks erklärtes Ziel war, herauszufinden, wie es sich anfühlt, einfach mal eine komplette Nacht auf dem Rad durchzufahren. Inspirationen dazu liefern gerne die Geschichten der Randonneure/innen, wie zum Beispiel Takeshi eine ist. Ihre Tourenberichte fesseln den Leser wie ein spannender Krimi und kürzlich lieferte sie sogar eine Art Leitfaden für den Kopf. Denn die richtig langen Strecken werden zu einem großen Teil mehr mit dem Kopf, als mit den Beinen gefahren.

Bild: Dirk Seger

Wie das ist, in die Dunkelheit reinzufahren und erst tief in der Nacht, oder besser lange nach Mitternacht ein kurzes Biwak aufzuschlagen, kenne ich vom ersten Candy B-Graveller. Damals war um 18Uhr Start am Terminal-4 in Frankfurt für die rund 700km lange Strecke. Mein erklärtes Ziel hieß, nach der Überquerung des Mains irgendwo nach 60 bis 80 Kilometern zu lagern. Es kam aber Gruppendynamisch etwas anders und so fuhr ich bis kurz vor 2 Uhr deutlich über 100 Kilometer. Gefühlt hätte ich damals auch noch weiterfahren können, hatte aber Angst, zu überpacen. Für Langstrecken fehlte mir einfach die Erfahrung. Außerdem verlief die Strecke nicht, wie bei „Brevets“ üblich, auf der Straße, sondern fast ausschließlich durchs Gelände.

Nun wollte Dirk es also wissen. Sein Plan: Start direkt nach der Arbeit. Richtung Edersee, den See großzügig umrunden, um dann wieder Morgens zurück an der Arbeit zu sein. Ganz schön ambitioniert, befanden Hansi und ich. Auch, wenn der Samstag nur einen halben Arbeitstag bedeutete. Vorteilhaft für Dirk war, dass er sich in der Region gut auskennt und deshalb auf eine Navigation via GPS oder smartphone verzichten konnte. Am Ende baute er auch noch eine kleine Extraschleife ein, um nicht zu früh wieder am Ausgangspunkt zurück zu sein. Im telefonischen Interview schilderte er mir kurz ein paar Details von der Tour.

Am späten Abend konnte er sich am Seeufer bei seinem Bruder Uwe, der dort einen Wohnwagen stehen hat, verpflegen. Uwe leistete auch noch ein paar Kilometer brüderliche Gesellschaft, dann war Dirk wieder auf sich allein gestellt. Die Luft kühlte in der Nacht bis in den einstelligen Bereich ab, das war ein echtes Problem. Laut Vorhersage sollten es eigentlich gemütliche 15°C geben. Im Gepäck war lediglich eine Windjacke, die nur leidlich Wärme spendete. Für eine Weile war es dann sehr dunkel, weil der Mond fehlte. Unterwegs stellte sich im Schein der Fahrradlampe eine Art Tunnelblick ein und es war erleichternd, als am Horizont sich die aufgehende Sonne mit einem farbigen Streifen bemerkbar machte. Irgendwann zwischen 5 und 6 Uhr in der Früh kam Dirk an einer Bäckerei vorbei, in der er auch schon ein kleines Frühstück bekam und sich aufwärmen konnte. Somit stand einem pünktlichen Arbeitsbeginn nichts mehr im Wege.
Dirks Fazit nach 197 Kilometern: „Arschkalt und ein Sekundenschlaf am frühen Morgen signalisierte eine wichtige Pause für den Körper“. Die Beine fühlten sich noch ganz fit an, aber die Müdigkeit sei nicht zu unterschätzen. Es sind eher andere Stellen am Körper, die irgendwann Aufmerksamkeit erzeugen. Die Arme, Handgelenke oder der Nacken. Pausen sind wichtig!

Bilder: Dirk Seger

Ob er so eine Tour noch einmal wiederholen wird?
Mein Tipp: Dirk, vor einer endgültigen Antwort schlaf erstmal gründlich drüber! Danach sieht die Welt wieder ganz anders aus 🙂 Vielleicht versuchen wir das einfach auch mal zu dritt.

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6 Thoughts to “Dirks Solo-Nachtfahrversuch”

  1. Hallo Mario, danke für die freundliche Erwähnung, sehr nett 🙂 Aber vor allem, Glückwunsch an Dirk zu dieser Aktion, klingt super! Und dann gleich weiter zur Arbeit, das muss einer erst mal fertigbringen.
    Temperaturen sind nachts eine tückische Angelegenheit. Ich breche nie auf ohne Langfingerhandschuhe, Mütze, Buff, eine weitere Schicht für obenrum und Beinlinge. Meistens brauche ich die Sachen, zumal sich mit der Müdigkeit gern ein Frösteln einstellt. Und dann können die frühen Morgenstunden, die doch eigentlich die schönsten sind, sehr lang werden.
    Lustigerweise entdecke ich selbst gerade die Vorzüge eines Schlafsacks unterwegs. So schauen wir uns also die Dinge voneinander ab, wie schön!
    Ich freue mich schon auf den Bericht von Eurer Nachtfahrt im Dreiergespann 😉
    Lieben Gruß von Eva

    1. Mario Schön

      🙂 Das fand ich in deinem Bericht über den 1000er Brevet auch schon ganz schön spannend zu lesen (und freue mich schon auf Teil 2 😉 ).
      Auf die Idee, selbst im vermeintlich warmen Sommer Fingerhandschuhe einzupacken, wäre ich im Leben nicht gekommen. Der Sinn hat sich mir auch jetzt erst erschlossen und ist mal wieder einer der echt wertvollen Tips für lange Strecken.
      Liebe Grüße nach Berlin
      Mario

  2. Signe

    Respekt an Dirk 🙂 und wie immer schöner Bericht, Mario.

    1. Mario Schön

      Danke und liebe Grüße an dich und Mara 🙂

  3. Durk

    Vielen dank Mario für den tollen Bericht
    Ich hätte es nich besser erzählen können.
    Ich werde es bestimmt wieder tun. Aber dann kommt ihr mit. Bis zum nächsten Overnighter. Gruß Dirk.

    1. Mario Schön

      😉 Bis bald im Wald Dirk!

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