Auf dem Unstrutradweg. Teil3

Zwei Tourentage und knapp 160 Kilometer liegen nun hinter uns. In Artern haben wir die Nacht in hübschem Ambiente auf dem Weinberg verbracht und genossen die grandiose Aussicht hinüber zum Kyffhäuser. Heute geht die Tour weiter über Nebra und Freyburg bis zur Unstrut-Mündung in die Saale bei Naumburg.

Der Akku des e-bikes meiner Frau ist wieder voll geladen. Auch wir beide sind bestens vorbereitet – also verköstigt-, um unsere letzte Etappe entlang der Unstrut in Angriff zu nehmen. Das heutige Highlight: Die Arche Nebra mit der Himmelsscheibe. Seit 2013 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt und seit kurzem über ihr wahres Alter wieder im Gespräch.
Aber auch das Städtchen Freyburg genießt einen großen Bekanntheitsgrad, nicht zuletzt wegen der Sektmarke „Rotkäppchen“. Es bildet gleichzeitig das Zentrum des Weinanbaugebietes im Burgenlandkreis von Sachsen-Anhalt. Mit dem Weinanbau, übrigens dem nördlichsten der deutschen Weinanbaugebiete, steigt auch der Tourismus. Während wir zuvor größtenteils allein über weite Strecken radelten, sind nun deutlich mehr Fahrradtouristen und vor allem auch Wohnmobilisten unterwegs. Nach zwei Tagen totaler Einsamkeit etwas ungewohnt, beinah ein Kulturschock.

Artern verlassen wir über die L1172 in Richtung Südosten. Den Tipp des Radelmädchens zum Besuch von Wiehe nehmen wir bei der Gelegenheit gerne mit. Dort gibt es ein kleines Schloss und eine „Radfahrerkirche“ zu bestaunen.
Zurück am Ufer der Unstrut ist schon von weitem die Burg Wendelstein zu sehen. Um dort hin zu gelangen, müssen wir tatsächlich mal ein paar Höhenmeter und eine Baustelle überwinden. Lange halten wir uns nicht auf, denn unseren nächsten Kaffeestop wollen wir in Nebra einlegen. Der Fahrradweg ist schön und verwöhnt mit viel Natur. Wir rollen ganz gechillt entlang einer Bahntrasse und irgendwie passiert ausgerechnet hier ein folgenschwerer Navigationsfehler!
Wie es dazu kam, ist mir heute noch schleierhaft, denn ich habe die GPX-Daten (Unstrutradweg) aus Komoot auf meinen Garmin mit Hilfe von Mapsource übertragen. Eigentlich genau so, wie ich das schon zigmal gemacht habe.
Weil wir uns die ganze Zeit über auf das Navi blind verlassen konnten, folgen wir auch in Kleinwangen der Anweisung, die Unstrut nach Großwangen zu überqueren. In der Folge werden wir ein Stück über die L212 Richtung Nebra geleitet, um etwa einen Kilometer vor dem Ort auf einen Wanderweg abzubiegen. Gewisse Zweifel ob der Richtigkeit des Weges keimen zwar auf, auch Ina fragt mich, was das denn jetzt soll. Wir fahren nun nicht mehr auf einem Rad-, sondern sehr offensichtlich einem sehr schönen Wanderweg.
Selbst, als wir die Nebraer Steinbrüche mit einem kleinen Stück richtig ausgesetztem Weg erreichen, wähne ich uns noch auf der richtigen Fährte. Ich frage mich zwar, warum wir darüber nichts gelesen haben, aber eine Handlung leite ich daraus nicht ab. Als wir dann oben auf der Bergkuppe weder Nebra, noch seine Arche erblicken und stattdessen unter uns auf die gigantische Brücke der Bahn-Schnellfahrstrecke Erfurt-Leipzig schauen, schwant mir böses!
Ein Blick auf Komoot lässt sofort erkennen, dass wir unser Tages-Highlight wirklich super geschickt UMFAHREN haben. Vielleicht ahnt mein Navi, dass ich auf touristisch ausgetrampelten Pfaden gar nicht so gerne unterwegs bin. Aber dann würde Garmin ja mit künstlicher Intelligenz arbeiten?! Eigentlich ist das ausgeschlossen, denn ich kenne eigentlich kein technisches Gerät, dass schlechter als ein Garmin programmiert ist…..jaja, ich weiß: In 99% der Fälle sitzt das Problem immer VOR dem Gerät. Aber in diesem Fall?
Ach, lassen wir das 🙂


Uns bleibt jetzt höchstens die Umkehr, um noch etwas von der sagenumwobenen Himmelsscheibe zu sehen. Aber den Trail möchte Ina kein zweites mal fahren (ich würde das an sich schon 😉 ). Runter nach Nebra erscheint auf Grund der Winzigkeit des Ortes auch wenig sinnvoll, denn die Arche liegt ja nicht im Ort, sondern etwas weiter westlich und vor allem etwas höher. Es zählt also der Blick nach vorn, das ist ohnehin immer das Beste. Auf dem weiteren Weg werden wir schon noch eine Möglichkeit zum stillen des wachsenden Kaffeedurstes finden. Und diese gigantische Eisenbahnbrücke kann sich auch sehen lassen. Ich bin jedenfalls schwer beeindruckt.
Zwischen Wetzen- und Karsdorf treffen wir, geradezu magisch, wieder auf den Unstrutradweg. In Burgscheidungen hoffen wir auf das Kaffee neben dem Schloss. Das hat seit dem Lockdown im April aber geschlossen. Entsprechend sieht es hier aus. Verlassen, beinah gespenstisch. Alles erinnert irgendwie an eine Filmkulisse. Wir verzehren Studentenfutter an Stelle von Torte und trinken Wasser anstatt Kaffee 🙂 Die Laune lassen wir uns deshalb nicht verderben.
Nach einigen Kurven und der Passage von Weinhängen finden wir schließlich doch noch eine Möglichkeit zur Einkehr, bevor wir Naumburg erreichen. In Laucha an der Unstrut machen wir nochmal Halt. Wir erliegen der Biergartenidylle direkt am Flussufer. Wohl wissend, dass wir bis Freyburg beinah spucken könnten. Die Anzahl Wohnmobile, die hier verkehren, lassen aber schon darauf schließen, was uns in Freyburg erwartet….Deshalb drehen wir auf dem Rad ein Ründchen durch die echt schöne Innenstadt und suchen dann schleunigst das Weite.
Abgelenkt durch so viel tolle Landschaft erreichen wir viel schneller als erwartet die Mündung der Unstrut in die Saale. Zum Glück steht hier ein Schild, sonst hätten wir die Stelle glatt verpasst. Irgendwie hatte ich hier mehr „Rummel“ erwartet. Nach dem Finnisher-Bild folgen wir noch ein Stück dem Radweg, der uns direkt zu unserem Quartier unterhalb der Luisenhöhe befördert.

Eine bessere Bleibe für die letzte Nacht hätte Ina nicht finden können. Das Hotel zur Henne wartet nämlich mit einem eigenen Fahrradmuseum auf. Und nur durch dieses gelangen wir in unser Zimmer! Über dem Fernseher hängt sogar ein Museumsstück an der Wand. Einfach genial, das ist beinah, wie ein Finish nach dem Alpencross am Gardasee. Klasse, wir fühlen uns hier gut aufgehoben.

Der Rückblick auf den Tag:
70 Kilometer und 330 Höhenmeter haben wir noch einmal gesammelt. Für den morgigen Tag haben wir nur einen Stadtbummel durch Naumburg geplant, um danach den Zug in Richtung Kassel zu besteigen.

Und zum guten Schluss noch eine Anekdote zur Bahn:
Unser zuerst geplanter Zug ab Naumburg wurde kurzerhand gestrichen. Er entfiel einfach so, ohne eine Info für die Gäste. Der Folgezug sollte über eine Stunde später fahren. Stattdessen nahmen wir eine Verbindung bis Halle, also erstmal in die entgegengesetzte Richtung, um dort in einen Zug nach Kassel umzusteigen. Diesmal alles in allem nur etwa 30 Minuten später, als mal geplant. Schön, wenn sich wenigstens Alternativen anbieten. Das Fahren mit der Bahn bleibt ein Abenteuer!

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