Die Gravel Spartakiade 2018

Zum ersten Mal habe ich bei facebook von der Gravel-Spartakiade in Dresden Wind bekommen. Nicht zuletzt wegen dieses Titels bin ich dann automatisch dran hängen geblieben. Eine Spartakiade? Hm, noch nie gehört, klingt aber interessant. Irgendwie nach „Asterix und Obelix“. Und was ist das jetzt? Ein schneller Ausflug mit der Suchmaschine bringt umgehend Aufklärung! Puh, auf die Idee, ein Sportfest nach einem römischen Sklaven und Gladiator zu benennen, muss man auch erst mal kommen: Zu Zeiten der ehemaligen Sowjetunion und der DDR fanden tatsächlich regelmäßig „Spartakiaden“ statt. Sie dienten überwiegend – aber auch nicht nur – der Förderung des Breitensports. Es ging dabei auch um die Sichtung von Talenten für den Leistungssport.

Im konkreten Fall von Veloheld stand dabei ein neues Veranstaltungsformat im Vordergrund, das einen über mehrere Jahre ausgetragenen Cross-Cup ersetzen könnte.

Vor dem Laden von Veloheld sammeln sich die Starter..

Der Termin mitten im September lag für mich günstig. Die Gegend, durch die die Strecke führen sollte, hatte geradezu eine magnetische Wirkung. Die Sächsische- und Böhmische Schweiz sollte auf Schotter befahren werden. Zuletzt war ich 2016 beim Erzgebirgscross dort unterwegs und schon sehr begeistert von der Landschaft. In der Erwartung, mal wieder einige Gesichter der einschlägigen Bikepacker-Szene zu treffen, ließ meine Anmeldung nicht lange auf sich warten….Denn auch die nackten Tourendaten klangen sehr vielversprechend für eine Menge Spaß auf der Strecke. Mit 100 Kilometern am ersten Tag und noch einmal 60 Kilometer für die Rückfahrt, sollte das Pensum für einen trainierten Radfahrer nicht übermenschlich sein. Tja, der Teufel steckt aber wie immer im Detail:

Am Samstagmittag, es ist kurz vor 12 Uhr, wundere ich mich schon ein wenig über den grenzenlosen Optimismus um mich herum, die Strecke mal eben so wegzudrücken. Alle wollen um 18 Uhr um den brennenden Grill sitzen, obwohl wir erst um kurz nach 12 starten. Oookay, denke ich für mich, aber das Systemgewicht in Verbindung mit Höhenmetern sind zwei nicht ganz unwichtige Parameter in diesem Spiel, da muss ich wohl doch etwas beißen. In Summe zählen wir immerhin 50 Graveler, und nicht wenige davon sind anscheinend zum ersten Mal mit Gepäck für einen overnighter unterwegs. Bekannt ist mir mit Thomas aus Berlin tatsächlich nur einer! Eine super Aktion von Veloheld ist, dass sie ein großes Kontingent an Bikepacking-Taschen zur Ausleihe vorhalten. Sehr genial, so kommen Fahrer, die diese Art der Beladung nur mal für sich ausprobieren wollen in den Genuss, mit tauglicher Ausrüstung starten zu können.

Die Strecke führt uns zunächst durch die Dresdner Heide. Erwartungsgemäß zieht sich das Feld relativ schnell auseinander. Noch in der Heide wechseln sich Schotter und Waldwege miteinander ab. Irgendwann lese ich ein Schild mit dem Hinweis auf die berühmte Bastei, die wir aber nicht zu Gesicht bekommen. Die Radwege führen großzügig an diesem touristischen Highlight vorbei. Was aber auf Grund des Wochenendes auch nicht weiter schlimm ist. Selbst in der Heide tummeln sich etliche Wanderer. Unser Weg führt weiter in südöstliche Richtung. Am ersten Checkpoint nach etwas mehr als dreißig Kilometern befinde ich mich noch in einem kleinen Grüppchen, doch bald verlieren wir uns aus den Augen. Anscheinend kennen sich die Meisten und warten immer wieder aufeinander. Ich kurbele unterdessen einfach mal im eigenen Rhythmus weiter. Wann sollte eigentlich der zweite Checkpoint folgen?? Ich habe absolut keine Ahnung und treffe in einer winzigen Ortschaft, eigentlich sind’s nur vier, fünf Häuser, auf weitere Spartakianer. Sie lassen sich gerade von einem netten Herren die Wasserflaschen auffüllen. Gute Idee, die Gelegenheit nutze ich natürlich auch, denn Tankstellen oder andere Gelegenheiten zum Wasser tanken sind rar, eigentlich gar nicht vorhanden. Wieder in einem Grüppchen rollen wir dem Grenzübergang nach Tschechien entgegen. Leider wird mir das Tempo meiner Begleiter aber doch zu hoch und ich lasse mich zurückfallen. Die Landschaft um mich herum ist einfach nur klasse. Der Genießermodus ist eingeschaltet! Leider halte ich kaum an, um ein Foto zu machen. Rechts und links von mir türmen sich die Sandsteinfelsen. Ich befinde mich inzwischen mitten im Nationalpark Sächsische Schweiz. Fahrradwege sind hier rar und es ist eine gute Idee, sich an diese zu halten. Wie ich später erfahre, sind die Ranger ziemlich erbarmungslos was Zuwiderhandlungen betrifft. Dass diese sich im Park mit fetten SUV’s bewegen, spielt dabei natürlich keine Rolle (so wurde mir zumindest berichtet ) Etwa fünf Kilometer vor der Grenze nach Tschechien treffe ich auf den zweiten Checkpoint. Ein wenig Obst und frisches Wasser wird hier gereicht. Wunderbar, außerdem plaudern wir auch noch ein wenig über den zurückgelegten und noch vor uns liegenden Weg. Dass ich erst der 19. Fahrer bin, überrascht mich tatsächlich, weil ich die ganze Zeit dachte, dem Feld hinterher zu fahren. Also kann ich meine Beine ein wenig schonen, an denen die Kilometer nicht ganz spurlos vorbei gegangen sind.

Es gibt da noch einen weiteren Parameter, den ich oben gar nicht erwähnt habe, aber das Vorankommen erheblich erschweren kann: Die Bodenbeschaffenheit. Diese vermittelt nämlich mitunter das Gefühl, einen Bleibarren hinter sich her zu zerren. Besonders diese Feldrand-Wiesen-Wege sind dafür bekannt, einem geradewegs die Kraft aus den Schenkeln zu saugen. Kurz vor dem Ziel sorgt die Passage einer Kuhweide, samt Drahtzaun (steht der jetzt unter Strom??) für Abwechselung. Und dann kommt da noch ein Tunnel, der ohne nasse Füße, nur durch Hüpfen über weit verstreute Steine zu passieren ist 🙂 Aber genau das sind ja die Passagen, die das Graveln so bereichern. Wenige Kilometer vor dem Ziel kommen wir plötzlich zu einer kleinen Gruppe zusammen. Ein Fahrer wartet, weil kein GPS am Lenker, ein weiterer genießt die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Ein Duo schließt noch zu uns auf. Wie alle gemeinsam rollen schließlich unter dem Beifall der schnellen Fahrer auf dem Campingplatz bei Sluknov ein. Das Lager ist schnell aufgebaut, es gibt für jeden sogar eine Duschmarke! Echter Luxus im Leben eines Bikepackers 🙂 Mit Einbruch der Dämmerung wird der Grill angezündet, jedoch sind einige Biker noch auf der Strecke. Irgendwann, es ist längst die Nacht über uns hereingebrochen, sind wir aber alle zusammen. Ein großes Lagerfeuer wird entfacht und es gibt sogar musikalische Begleitung. So könnte der Abend noch unendlich weiter gehen. Der Tag hat aber Spuren hinterlassen, so dass ich mich irgendwann in meinen Schlafsack verkrieche und beim Lauschen der Musik sehr schnell einschlafe.

Am Morgen hüllt dichter Nebel alles ein, das Zelt ist triefend nass, auch innen hat sich jede Menge Kondensat gebildet. Der Herbst lässt grüßen, bei 6°C freue ich mich über eine frisch gebrühte Tasse Cowboy-Kaffee eines Zeltnachbarn (Tom?) Das Orgateam von Veloheld hat sich nicht nur um den Grillabend gekümmert, sondern auch um das Sonntägliche Frühstück. Alles wunderbar, es ist zwar einfach, aber es fehlt an nichts. Die Rückfahrt sollte eigentlich mit der kompletten Gruppe erfolgen. Weil ich aber am Sonntagnachmittag noch einen persönlichen Termin wahrnehmen möchte, entscheide ich mich, allein aufzubrechen. Die Strecke führt ziemlich genau westwärts und ist mit gut 60 Kilometern auch deutlich kürzer, als am Vortag. Tendenziell geht es auch eher abwärts, so dass ich flott voran komme. Gegen 13:30 Uhr bin zurück am Startpunkt der Gravel-Spartakiade 2018.

Ein dickes Lob an Veloheld für die Organisation dieser Tour. Mir hat die Strecke mit ihrer Abwechselung des Untergrundes und der Landschaft sehr gut gefallen. Auch die Steigungen waren im Rahmen, wenngleich ich nicht alles im Sattel fahren konnte. Das ist aber eher ein persönliches Problem, weil’s die Schenkel einfach nicht hergaben. Es hat sehr viel Spaß gemacht, sich im Kreise Gleichgesinnter zu finden und neue Kontakte zu knüpfen.
Vielleicht kommen noch ein paar Bilder in den nächsten Tagen hinzu, denn es gab auch einen Fotografen auf der Strecke 🙂

Yeah, und hier ein Update: Zunächst mal der sehr lesenswerte Bericht von Veloheld.
Ein weiterer sehr interessanter Artikel findet sich beim Radelmädchen aus Berlin.
Und dann gibt es noch den Blogeintrag von Wiebke, ebenfalls aus Berlin.

Es finden sich auch noch weitere Bilder von Robert, dem Fotografen! Klasse, vielen Dank dafür!

 

Foto: Robert Gebler. Direkt nach dem Start

 

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2 Thoughts to “Die Gravel Spartakiade 2018”

  1. Wolfgang Lechleitner

    Wo ist das Titelfoto aufgenommen worden? Bitte schreiben Sie an die zuständige Gemeinde mit der Bitte, das Verkehrsschild „Allgemeines Fahrverbot“ durch das Verkehrsschild „Fahrverbot für Kraftfahrzeuge“ zu ersetzen. Sonst werden Verkehrsschilder von Radfahrern eines Tages generell nicht mehr ernst genommen.

    1. Mario Schön

      Sehr geehrter Herr Lechleitner,
      selbstverständlich haben sie Recht, dass dieses Verkehrsschild auf ein generelles Fahrverbot hinweist, das ohne Ausnahme auch für Fahrräder gilt.
      Häufig werden genau diese Schilder aber eher aus Unkenntnis von den Kommunen aufgestellt und nicht mit der Absicht, auch Radfahrer von der Nutzung auszuschließen. So zum Beispiel geschehen in meiner Heimatgemeinde, wo ein Hinweis eines Bikers in der Gemeindeverwaltung ausreichte, das Fahrverbot auf Kraftfahrzeuge zu begrenzen. Vielleicht sind es auch die Zusatzkosten für ein weiteres Schild, die schlicht eingespart werden.
      Den Verdacht einer schleichenden Missachtung sämtlicher Verkehrsschilder von Radfahrern, nur weil wir in diesem Falle den Weg trotzdem befahren haben, teile ich allerdings nicht. Eben weil längst nicht jedem Verkehrsteilnehmer, selbst Führerscheininhaber möchte ich dabei nicht ausgrenzen, die Tragweite dieses Schildes bewusst ist. Aufklärung auf beiden Seiten hilft aber, Missverständnisse aus der Welt zu räumen. Da ich nicht ortskundig bin, werde ich ihren Hinweis aber gerne an die Mitfahrer aus Dresden und Umgebung weitergeben.
      Mit freundlichen Grüßen
      Mario Schön

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