Der Grimmsteig ist ein 82 Kilometer langer Wanderweg im Naturpark Frau Holle-Land. Er verläuft zwischen der documenta-Stadt Kassel und dem Hohen Meißner (754m). Mit guten 2.000 Höhenmetern hat diese Strecke einiges an landschaftlichen Highlights zu bieten. Zuletzt bin ich den Grimmsteig 2017 mit dem Fatbike als Vorbereitung für einen Alpencross gefahren. Damals, sieben Jahre jünger, an einem Tag, in einer fünfer Gruppe, mit weniger Gepäck und mit etwas geringerem Genussfaktor. Heuer sind wir 11 Mountainbiker, nur vier davon sind ohne e-Antrieb unterwegs und genießen wollen wir den noch jungen Herbst in vollen Zügen. Dafür hat Wolle gesorgt, der die organisatorische Verantwortung getragen hat. „Well done“, soviel sei an dieser Stelle schon mal verraten!
Wir (Die Mountainbiker der SG-Stern) treffen uns auf dem Parkplatz der Königsalm, oberhalb von Nieste. Für mich ist das klarer Heimvorteil, denn ich wohne kaum acht Kilometer entfernt. Hansi, aus Ihringshausen kommend, holt mich ab und gemeinsam strampeln wir durch dichten Nebel, hinauf über den Sensenstein. Noch vor der 300 Meter Marke durchfahren wir die Nebeldecke und blicken hinunter auf die Stadt Kassel, unter einer dichten Wolkendecke liegend. Über uns blauer Himmel, was für ein klasse Anblick! Der Genießermodus steht schon vor dem eigentlichen Start unserer Tour auf 100%.
Um 9Uhr sind wir alle zusammen fertig und beginnen unser kleines Abenteuer. In der zurückliegenden Woche hat es beinah jeden Tag geregnet. Entsprechend durchfeuchtet ist der Untergrund.
Nach Kaufungen geht es streng abwärts, der Gegenanstieg über das Naturfreundehaus lässt nicht lange auf sich warten. Nur wenig später folgt der „Söhrewald“. Den Belgerkopf grüßen wir kurz, die ersten tiefen Schlammpassagen zur Eingewöhnung liegen bereits hinter uns. Den Tiefenrodweg, der ja eigentlich nur bergab mit Spaß befahrbar ist, mühen wir uns nun aufwärts. Der weiche Boden fordert inzwischen erste Opfer, zum Glück aber ohne ernsthafte Folgen. Wer hier fällt, landet weich. Aber feucht 😉 Wir folgen ein Stück dem Premiumweg 24, der seinem Status „Premium“ schon alle Ehre macht. Diese Wanderroute bietet auch zu Fuß eine Menge Spaß! Etwas später erklimmen wir oberhalb von Hess. Lichtenau die Günsteröder Höhe, die besonders mit dem Rennrad eine echte Empfehlung ist. Auf Asphalt versteht sich! Aber der Puls wird steigen, so oder so. Wir sind über Schotter hier oben angekommen und fahren durch etwas Schlamm weiter über Glimmerode, vorbei am Hellkopfsee. Ein echter Geheimtipp in Sachen overnighter. Allerdings ist dort nicht viel Platz am Ufer und der will auch gut gewählt sein! Wer suchet, der findet. Sandstrand….
Der Ruine Reichenbach schenken wir diesmal mal keine weitere Beachtung (kennen fast alle schon), stattdessen fahren, nein, brettern wir direkt bis in den Ort Reichenbach. Hier hat Wolle eine kleine Überraschung für uns eingeplant. Was soll ich sagen? Na klar, das ist der Hammer: Meissner Eis. Familie Kretzschmar hat extra für uns den sehr einladenden Eisdielen-Garten geöffnet. Aber nicht nur der Homo sapiens findet hier den willkommenen „resupply“, auch die inzwischen stromhungrigen Bikes können mit Energie versorgt werden! Während die Bio-Biker schon den ersten Kaffe genießen, werden immer noch fleißig Kabel und Steckdosen verlegt 🙂
Bis zum eigentlichen Tagesziel ist es nun gar nicht mehr so weit. Es sind eher die bevorstehenden Höhenmeter, die hier Respekt einflößen! Auf den eher lächerlichen 8 Kilometern trennen uns allerdings knapp 300 Höhenmeter vom Ziel: Dem Naturfreundehaus auf dem Meißner. Dort oben bleiben keine Wünsche offen. Eine echte Empfehlung, egal auf welchem Wege man hier oben ankommt. Sehr netter Service und leckeres Essen zu einem vernünftigen Kurs. 51 Kilometer bei 1450 Höhenmetern liegen hinter uns.
Die Nacht war stürmisch, sehr stürmisch sogar und nass! Ich war diesmal wirklich dankbar, nicht im Zelt zu liegen! Und das will schon etwas heißen 🙂 Als wir gegen 10 Uhr starten, ist das Wetter deutlich ruhiger geworden, aber verdammt frisch um die Nase ist es immer noch! WOW, die 700 Meter Höhe spüren wir deutlich. Dummerweise müssen wir jetzt natürlich erstmal runter ins Tal bis Velmeden. Danach gehts endlich wieder aufwärts. Wir streifen Rommerode nur und kurbeln uns weiter hinauf bis Friedrichsbrück. Natürlich nicht ohne unterwegs mal kurz den rechten Weg (Grimmsteig) zu verlassen. Der ist stellenweise ordentlich zugewachsen und nur mit Mühe überhaupt erkennbar. Schade eigentlich, aber offensichtlich wird hier nur einmal im Jahr gerodet, nämlich wenn die Grimmsteig-Tage anstehen…. Wir fürchten mehr als einmal um die Luft in unseren Reifen, dank der elenden Brombeeren und des Weißdorns. Derenthalber sogar Blut vergossen wurde, auweia. Ab Wickenrode wird das Gelände nochmal alpin. Also nicht nur den Hirschberg abwärts, besonders der Gegenanstieg zum Kreuzstein hoch, über den Helser Born, erfordert ordentlich Energie. Das obere Niestetal umfahren wir heute wegen der Nässe ganz elegant und bleiben lieber auf Schotter. Die dürre Nieste ist selbst an trockenen Tagen mit dem Bike eine kleine Herausforderung. Dafür sind wir nun deutlich schneller als gedacht unterwegs. Wolle’s Anfrage einer verfrühten Ankunft für 11 Personen auf der Alm wird schlicht abgelehnt, die Bude ist voll. Für uns reserviert war erst 15:30 Uhr. Wir sind ein wenig überrascht, dass wir zwei Stunden schneller als geplant unterwegs sind. Ebenso, dass der Andrang auf der Alm an einem ganz ordinären Sonntag (kein Feiertag) so groß ist. Egal, wir feiern die zwei Tage und die gelungene Runde auf dem Parkplatz und verabschieden uns in unterschiedlichste Richtungen nach Hause. 31 Kilometer bei 560 Höhenmetern.
Was bleibt? Eine sehr spaßige Mountainbike-Tour durch eine wunderschöne Landschaft mit einer tollen Gruppe. Die Mischung von Bio- und e-Bikern hat super funktioniert. Rücksichtnahme ist das Stichwort für beide Fraktionen. Es macht einfach Spaß, die unterschiedlichen Welten zu verknüpfen. Wie lange reicht der Akku? Was sagen die Schenkel? Für beide Antriebsarten gibt es hinreichend Argumente. Auf dieser Tour sind beide Welten optimal miteinander verschmolzen. Die Landschaft leistete obendrein, es gibt wenig Schöneres in Nordhessen.
Vielen Dank an Wolle für die Orga 🙂 alles perfekt.