Mulde oder Werra, Quo vadis?

Unseren Sommerurlaub haben wir absichtlich wieder weit nach hinten ins Jahr geschoben. In den meisten Ländern sind die Ferien dann nämlich vorbei, Unterkünfte zu finden, sollte kein Problem sein. Der Blogbeitrag des Radelmädchens über die Mulde weckte unser Interesse für diesen Radweg. Während der Etappenplanung bemerkte ich dann schnell, dass es mit Quartieren doch nicht so einfach wird (meine Frau fährt elektrisch unterstützt und benötigt am Ende des Tages Strom für den Akku). Wir wollten die Tour gern im Erzgebirge starten. Nach fünf Absagen von möglichen Quartieren war ich schließlich bereit, diesen Tourenplan über den Haufen zu werfen. Sachsen befand sich noch in der letzten Ferienwoche!

Plan-B kam zu Einsatz. Ein Start direkt vor Haustür, ohne Nutzung jeglicher Verkehrsmittel. Einfach aufs Rad und los. Die einzige zu treffende Entscheidung war die der Himmelsrichtung. Obwohl: Gerne wollten wir an einem Fluss entlang fahren. Und da haben wir hier in Nordhessen ja eine ganz gute Auswahl. Für den Start folgten wir zunächst der Fulda stromabwärts bis Hann.Münden. Dort trifft sie die Werra und fließt als Weser in Richtung Nordsee. Und weil’s uns im Norden zu flach ist, wählten wir die Werra Flussaufwärts. Eine seltene Variante, wie wir im weiteren Reiseverlauf öfter zu hören bekamen. Anders herum soll’s leichter Rollen.
Pah, und wenn schon, echte Nordhessen fahren natürlich auch hochzus!

Auf dem Weg ans Fuldaufer, dem R1 bis Hann.Münden folgend

Transparenzhinweis: Sämtliche Kosten wurden von uns selbst getragen.

1. Etappe: Niestetal-Kleinvach

Wir rollen bis Sandershausen, wenig später bei Spiekershausen über die Staustufe und folgen dem R1 bis Hann.Münden. Kurzer Pflicht-Stopp am „Weserstein“, ab hier weiter bis Witzenhausen. Mittagspause bei Schinkels Brauhaus am Werra-Ufer. Wechsel des Werra-Ufers auf die nördliche Seite, Passage der Burgen Ludwigstein und Hanstein. Hinter Lindewerra, weil gut in der Zeit, kleiner Umweg über Pfeillietenhütte ( und der Aussicht wegen). Einkaufen in Bad-Soden-Allendorf. Unser Quartier in Kleinvach ist das Gasthaus „Zur Linde“.

2. Etappe: Kleinvach-Creuzburg

Die abwechslungsreiche Strecke von gestern setzt sich fort. Kurzer Spaziergang in Eschwege. Hinter der Stadt fallen uns große Felder mit Hanf auf! Keine Ahnung, was damit geschieht. Scheint aber „offiziell“ zu sein 🙂 Unsere Reserven werden im Hafen von Wanfried aufgefüllt. Immer wieder schön dort! Der Radwegverlauf gefällt uns, es gibt echt viel fürs Auge und keine lange Weile. In Treffurt fahren wir natürlich auf die Burg Normannstein rauf. Lohnt sich das? Hm, naja, der Blick ist klasse, ansonsten gibts da oben aber nichts tolles. Schade, der Kiosk hat Ruhetag. In Creuzburg haben wir uns in dem kleinen aber feinen Hotel auf der Burg einquartiert. Echt schön 🙂

3. Etappe: Creuzburg-Kloster Allendorf

Wir folgen dem Radweg ein Stück in Richtung Eisenach, biegen aber dann nach Hörschel ab. Der Ort ist bekannt für den Start des Rennsteigs. Ab hier ist der Werraradweg für mich Neuland. Warum der Radweg bei Wartha bis Herleshausen gelegt wurde, bleibt ein Rätsel. Spaßfrei und gefährlich auf der Landstraße entlang. Echt bescheuert! So richtig toll ist der Radweg auch bis Phillippstal nicht. Immer wieder wird der Radfahrer auf die Straße geführt, Schwerlastverkehr, also diese 40t-Baustellenkipper, sind hier keine Seltenheit. Das nervt wirklich. Völlig sinnfrei ist auch der Weg von Merkers nach Kieselbach. Anstatt am Ufer der Werra zu bleiben, fährt man hier auf der Kreisstraße um einen Berg herum, also von der Werra weg. Der Grund bleibt unbekannt! Nichts sehenswertes. Das einzige Highlight auf dem kompletten Streckenabschnitt ist die Brücke über die Werra nach Vacha. Der Ausblick von unserer Unterkunft neben der Burg Frankenstein entschädigt zum Abschluss auch noch ein wenig, will sich aber redlich verdient werden!

4. Etappe: Kloster Allendorf-Trostadt

Von unserem Hotel aus hatte ich die Strecke auf den Werra-Radweg mittels Komoot geplant. Profilpräferenz „Gravel-Bike“. Mit der Folge, dass es erstmal voll durch den Acker ging 🙂 Ich fand’s ja OK, meine Frau eher weniger….wir treffen irgendwann auch wieder auf den Werra-Radweg und freuen uns über den Sonnenschein. Das Städtchen Meiningen wählen wir für die Mittagspause aus. Eine echt schöne Innenstadt, mit vielen Möglichkeiten zur Einkehr. Bei Burg Henfstädt werden wir plötzlich zwangsgestoppt! Dort gibt es einen Kanuverleih mit einer derart coolen Bar, dass man da einfach nicht vorbei radeln kann, ohne anzuhalten. Klasse, was die Leute sich hier haben einfallen lassen! Macht echt Laune, ob für nen Kaffee oder ein Bier… super. Und der Kuchen: Sehr lecker. Für diesen Abend haben wir uns in einer alten Mühle einquartiert. Das Landhaus Klostermühle liegt äußerst idyllisch am Ortsrand von Trostadt. Sehr gemütlich und beste Verpflegung!

5. Etappe: Trostadt-Eisfeld

Unser letzter Tourentag ist angebrochen, der eigentlich nur noch ein Halber ist. Denn am Bahnhof in Eisfeld steigen wir in die Südthüringen-Bahn und treten unseren Heimweg auf Schienen an. Mutig, mit zwei Umstiegen! Unsere Etappe beträgt lediglich 25 Kilometer, ist dafür wieder schön abwechslungsreich. Die Steigung bis Eisfeld ist zwar stetig, jedoch nicht wirklich steil. Durch die Fernsicht am Waldrand ist man ständig abgelenkt und bekommt kaum mit, dass es aufwärts geht. Nur der Akku am Bike meiner Frau verliert heute überraschend schnell Energie 🙂 Über Eisenach und Bebra erreichen wir den Hauptbahnhof in Kassel und müssen von hier nur noch nach Hause rollen.

Was bleibt?

Der Werratal-Radweg macht über lange Abschnitte auf jeden Fall richtig viel Spaß. Vor und hinter Phillipsthal wurden allerdings weniger schöne und unserer Meinung nach wirklich gefährliche Abschnitte eingebaut. Zum Einen müssen sich Radfahrer hier die Straße mit Auto- und Schwerlastverkehr teilen, zum Anderen wurden nicht asphaltierte Wegabschnitte einfach auf die Straße verlegt. Offensichtlich möchte man dem Radwanderer keine Schotterwege mehr „zumuten“? Das ist ein Trend, der auch auf anderen Radwegen (z.B. R4 zwischen Bad-Karlshafen und Hümme) zu beobachten ist. Gut gebaute Schotterwege sind nicht nur günstiger, sondern auch in der Unterhaltung weniger aufwändig. Wenn ich darüber nachdenke, beschleicht mich das Gefühl, dass die zunehmende „Elektrifizierung“ nicht wenig Anteil daran hat. Sehr bedauerlich, wie ich finde, denn zunehmend versiegelte Fläche ist ein sehr ernst zu nehmendes Thema!

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2 Thoughts to “Mulde oder Werra, Quo vadis?”

  1. Hallo Mario,
    sehr schön! Auch die Idee, direkt von zu Hause loszufahren, ist richtig und gut. Die Radwegeführungen sind in der Tat oftmals sehr merkwürdig, manchmal auch gefährlich. Ich plane immer um und finde dabei auch mal schöne Abschnitte, die der Radweg umgangen hat 🙂
    Am wichtigsten finde ich Deinen letzten Satz: Nicht nur bei Radwegen, sondern auch beim Durchfahren der Orte sieht man immer wieder voll versiegelte (oder geschotterte!) Grundstücke.
    Bis bald
    Gert
    P.S.: Bestimmt kamen an der Werra Candy-Erinnerungen hoch?!

    1. Mario Schön

      Hallo Gert, danke für deinen Kommentar 🙂 und ja, die Auswirkung versiegelter Flächen durch ein Neubaugebiet haben wir beim letzten Starkregen auch hautnah miterlebt….
      Die Candy-Erinnerungen kamen an einigen Stellen während unserer Tour tatsächlich sofort hoch 😅👍🏼

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