Der 1. Januar 2021 bedeutet nicht nur, dass ein neues Jahr begonnen hat, sondern eben auch: Alle Zählerstände auf Null. Ganz zufrieden blicke ich auf etwas mehr als 7000 Fahrradkilometer in 2020 zurück. Und auf irgendwas zwischen 25 und 30 Overnighter. Ich bin gespannt, was das neue Jahr an Touren bringt. Meine Planung sieht zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher planlos bis verhalten aus.
Endlich wieder mal ein Winterbiwak
Am letzten Wochenende ist zumindest schon mal der Startschuss für die overnighter-Saison gefallen. Und der #01 war schon mal ziemlich genial, weil endlich mal wieder im Schnee! So viel Schnee gab es in Nordhessen tatsächlich lange nicht. Oberhalb der 600 Meter lagen gut 25cm. Das macht mir nicht nur auf Ski Spaß, das Fatbike kommt dabei auch wieder richtig in Fahrt. In Verhältnissen, für die es ja ursprünglich gebaut wurde. Mit Dirk treffe ich mich auf halber Strecke und Höhe, der Tram Endhaltestelle im Druseltal. Es ist bereits dunkel, als wir zu zweit hinauf Richtung Herkules – dem Kasseler Wahrzeichen – starten. Im Aufstieg zum Asch-See begegnen uns tatsächlich noch mehrere Wanderer. Kein Wunder, denn auch ohne Licht ist es durch den Schnee ausreichend hell, um den Weg noch zu erkennen. Unser Vorhaben können wir auf Grund des Gepäcks am Rad auch nicht leugnen und einige der Entgegenkommenden sind ganz schön neugierig. Mist, so viel Volk ist hier um diese Uhrzeit nie unterwegs gewesen. Corona bevölkert die Wälder, das war der Presse bereits vielfach zu entnehmen. Aber in der Dunkelheit? Am Herkules selbst herrscht auch noch reges Treiben, sogar die Polizei ist vor Ort. Einen konkreten Plan für einen Spot haben wir nicht, wollen uns eher überraschen lassen, was uns die Landschaft so präsentiert. Die Verbindungsstraße zum Ausflugslokal Elfbuchen hat sich in eine Schlittenpiste verwandelt. Mit hoher Verkehrsdichte! Schlittenfahrer benutzen eher selten bis nie Beleuchtung und ich kann gerade noch eben ausweichen, um nicht unter die Kufen zu geraten. Die tauchen blitzartig aus dem Dunkel auf. Menno, da ich ja Festbeleuchtung trage, wäre ein kurzes Rufen mehr als nett gewesen. Aber den klassischen Warnruf meiner Kindheit: „Bahn frei, Kartoffelbrei!“ kennt anscheinend auch niemand mehr. Wie auch, wenn kaum noch Schnee liegt… Wir suchen also das Weite und hoffen, dem Trubel möglichst schnell zu entfliehen.
Und wirklich, mit jedem Meter, den wir zwischen uns und den Herkules bringen, wird es ruhiger. Nach drei Kilometern sind wir völlig allein. Wir bewegen uns auf 550 Metern Höhe, nur das „Hohe Gras“ wäre noch mit 615m ein wenig höher. Aber dort wird auch die Wahrscheinlichkeit steigen, Menschen zu begegnen. Ist es doch DAS Wintersportrevier der Kasseler. Wir überlegen kurz weitere Möglichkeiten für unser Lager und entscheiden uns dann, genau hier zu bleiben wo wir jetzt stehen. Es gibt zwar keine Hütte, keine Bänke, aber eine frei Sicht zum Himmel. In Zeiten der Dürre geplagten Wälder nicht ganz zu vernachlässigen. Ein Lagerfeuer fällt aus, dafür brennt wieder der Hobo. Dirk hat extra trockenes Holz mit in den Wald gebracht. Ich benutze den Spiritusbrenner. Zur allergrößten Not könnte ich darin auch den Whisky verbrennen 😉 Bevor wir unser Abendessen kochen, bauen wir fix unsere Nachtlager im leichten Schneefall auf. Laut Wettervorhersage sollte der eigentlich längst durch sein….Egal, wir haben richtig Hunger. Anscheinend hat ein Langläufer unsere Kocher für ein Leuchtfeuer der Loipe gehalten. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass der plötzlich mitten durch unser Lager hindurch fährt. Oh Mann, die Loipe führt ja eigentlich 30 Meter oberhalb von uns entlang. OK, vielleicht war die Wahl unseres Lager doch nicht ganz optimal. Aber wer rechnet des Nachts noch mit Langläufern? Ich dachte, so etwas mache höchstens ich selbst 🙂 Weit gefehlt, denn wenig später schiebt sich diesmal allerdings auf der richtigen Loipe eine mindestens dreiköpfige Gruppe mit Stirnlampen an uns vorbei. Das war es dann zumindest mit dem Publikumsverkehr. Noch deutlich vor Mitternacht wird irgendein Hund auf uns aufmerksam und bellt, was das Zeug hält. Sehen können wir ihn nicht, bemerken aber, dass er sich uns nähert. Als dieser nach einer viertel Stunde immer noch nicht mit seinem Gekläffe aufhört, denke ich ernsthaft darüber nach, alles wieder einzupacken, und diesen Ort zu verlassen. Konnte der (Schweine)Hund meine Gedanken lesen? Kurze Zeit später ist Ruhe. Fast, denn anscheinend wurde er nur abgelenkt. An uns hat er aber zum Glück kein weiteres Interesse mehr.
Wir müssen früh raus am Morgen
Sonderlich gut schlafe ich diese Nacht nicht. Auch nicht lang, denn um halb Acht, es ist noch duster, passiert uns das Loipenfahrzeug. MoinMoin, die ersten Langläufer kommen bald. Das erleichtert die Entscheidung aufzustehen. OK, ich gebe zu, bei einem Winterbiwak ist das morgendliche Aufstehen wirklich das Unangenehmste (vom nächtlichen Pullern mal abgesehen). Den kuscheligen Schlafsack bei -5° zu verlassen, das ist schon doof. Aber wenn der erste, heiße Kaffee die Kehle hinunterläuft, dann wird’s einem wieder warm. Anschließend heißt es schnell alles einpacken, bevor die Massen den Wald stürmen….
Zum guten Schluss: Es gab noch eine kleine Überraschung für mich
Nach dem Abendessen, quasi als Desert, hatte Dirk noch eine sehr nette Überraschung für mich parat: Eins selbst genähter Beutel für unterschiedlichste Utensilien. Ultraleicht aus Cuben-fiber (Dyneema® Composite Fabric). Ein sehr genialer Helfer unterwegs, um wichtige Dinge zusammenzuhalten und in den Taschen wieder zu finden. Einfach cool, danke dafür Dirk!
Wer noch ein paar Tipps für ein Winterbiwak sucht: hier entlang.
Es hat Super Spaß gemacht. 😉 könnte schon wieder.
Gruß Dirk
Ja, der Winter ist schon noch mal etwas besonderes für nen overnighter! Und das macht richtig Spaß.