sBlocs war zu Besuch

Gleich der Hinweis am Anfang: Dieser Artikel beinhaltet unbezahlte Markennennungen und kann als Werbung verstanden werden.
Ein Projekt unserer Gemeinde Niestetal war die Initialzündung dafür, dass ich mich intensiver mit dem Thema Lastenrad auseinandergesetzt habe. In diesem Rahmen hatte ich sogar die Gelegenheit, kostenlos einen dieser zweirädrigen Schwertransporter mal etwas länger auszuprobieren. Über eine Woche durfte ich Freundschaft mit einem UrbanArrow schließen. Nunja, beste Freunde sind wir damals nicht geworden, so viel kann ich hier verraten. Das lag aber nicht etwa an diesem Typus Fahrrad, sondern eher an der für Bequemfahrer ausgerichteten Geometrie. Zu aufrecht sitzend, zu lang und viel zu schwer erschien mir dieses Bike. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich möchte hier keinen Hersteller, oder ein Fahrrad in ein schlechtes Licht rücken! Es ist vielmehr so, dass es für jeden Einsatzbereich inzwischen das passende Lastenrad gibt. Das muss jeder für sich selbst ausprobieren.
Für die Region Nordhessen brauche ich etwas bergtaugliches. Eine „Bergziege“. Auf der man nicht wie in einem Sofa, sondern eben wie auf einem Bike sitzt. Der Kindertransport ist für uns Geschichte, die Kinder sind längst erwachsen. Viel wichtiger für uns ist der Transport des Einkaufs, die Fahrt in die Stadt oder an die Arbeit. Auf eine Tour möchte ich damit auch mal fahren können. Die verschließbare, regenfeste Transportbox halte ich persönlich auch für unabdingbar im täglichen Gebrauch. Achja: Von wegen der Topografie ist ein elektrischer Antrieb für mich außerdem wichtig.

Danke Tino fürs Bild 🙂

Lange Zeit kam meinen Vorstellungen für den urbanen Lastenesel ein „Bullit“ am nächsten. Dieses bin ich 2019 während der Kolektif in Berlin einmal kurz Probe gefahren. Ein cooles Fahrgefühl, sportliche Sitzposition, in der sich auch ordentlich Druck aufs Pedal bringen lässt. Egal, ob mit oder ohne elektrische Unterstützung. Im März diesen Jahres habe ich dann, wieder während der Kolektif, den ersten Kontakt mit dem Lastenrad von sBlocs gehabt. Eine Probefahrt blieb mir im knappen Zeitrahmen leider verwehrt. Aber das komplette Konzept dieses Bikes machte mich total neugierig. Seine kompakten Abmaße, mit dem dennoch hohen Ladevolumen fand ich sehr beeindruckend. Nach der Messe suchte ich nach Möglichkeiten für eine ausgiebigere Probefahrt. Im Sommer wollten wir mit Freunden ein Konzert in Berlin besuchen, also eine geniale Gelegenheit, bei sBlocs mal reinzuschauen. Dank Corona fiel beides ins Wasser. Das Konzert und die Probefahrt. Irgendwann las ich auf der Homepage von sBlocs über eine Deutschlandtour zum Bewerben der Räder. Wow, sehr coole Aktion! Ein paar Großstädte konnte ich auf deren Landkarte schon entdecken. Kassel natürlich nicht, obwohl doch ziemlich mittig im Lande gelegen. Kurzerhand formulierte ich eine Bewerbung. Und hörte eine ganze Weile erstmal gar nichts.
Dann plötzlich, Ende August diesen Jahres, erreichte mich eine Mail von Marcus, dass er ein Zeitfenster für einen Besuch in Kassel habe. Au, das war jetzt sehr kurzfristig, aber ich versuchte trotzdem, diese tolle Gelegenheit auf etwas größere Beine zu stellen. So schrieb ich unseren Bürgermeister an, der ja damals das Projekt zur Nahmobilität unterstützte (und bereits selbst ein Lastenrad als „Familienkutsche“ im Einsatz hat). Auch unseren Vizelandrat, ebenfalls sehr Fahrradaffin, versuchte ich für eine Proberunde in der Gemeinde zu begeistern. Dieser konnte zwar nicht persönlich anwesend sein, gab den Termin aber an den Fahrradbeauftragten des Landkreises weiter. Natürlich vergas ich auch die Fahrradbeauftragte der Stadt Kassel nicht einzuladen. Im Freundeskreis trommelte ich ebenso, wohl wissend, dass ich da mit einem Lastenrad kaum auf offene Ohren stoße.

Teilweise war Interesse vorhanden, aber relativ verhalten. Tino ließ sich die Chance einer Probefahrt jedenfalls nicht entgehen. Thomas war leider krank geworden, von ihm hatte ich mir eigentlich informative Rückmeldungen zum Fahrverhalten des „calderas-one“ erhofft, da er auch andere Modelle schon gefahren ist. Beide Fahrradbeauftragten konnten sich den Termin so kurzfristig leider auch nicht einrichten, aber Marcel nutzte die Gelegenheit für einen Vergleich zum eignen Fuhrpark (Riese&Müller Packster). Auch dessen Schwester, derzeit ebenfalls auf der Suche nach einem Lastenrad für den Kindertransport, war auf der Proberunde dabei. Meine Eltern, beide bereits mit elektrischer Unterstützung an ihren Rädern unterwegs, schauten sich die Lastenesel mit großem Interesse an. Und wie dann der Zufall so spielt: Ein Handwerker, unterwegs in der Nachbarschaft, wurde auf unsere Aktion aufmerksam. Schnell hatte er ein paar Utensilien zur Hand, um die Lademöglichkeiten zu testen. Und BANG, bei ihm hat’s richtig gefunkt! Wenn es denn möglich gewesen wäre, er hätte eines der Räder am liebsten gleich mitgenommen…

Auch in der direkten Nachbarschaft wurde man aufmerksam auf unser Treiben. Norbert, ehemals im Lkw-Geschäft unterwegs, konnte gleich ein paar Vorschläge hinsichtlich Material- und Gewichtsoptimierungen für die Transportbox beisteuern. Probefahren hat er sich aber nicht getraut. Drei Räder waren ihm eins zu wenig 🙂

Abgerundet wurden die Probefahrten dann durch leckeren Kuchen aus der Hand meiner Frau, die einen richtigen Verpflegungsposten eingerichtet hatte 🙂 Einen fetten Knutsch extra nochmal dafür! Natürlich gab’s auch Kaffee und zusätzlich Wasser. Alles Corona-Regel-konform versteht sich.

Und was bleibt?
Ein super Eindruck von den Fahreigenschaften der sBlocs Lasternräder! Besonders für eine Stadt wie Kassel, mit sehr bescheidenen Vorraussetzungen für einen vernünftigen Fahrradverkehr, finde ich es wie geschaffen. Poller auf Wegen, die so dicht beieinander standen, dass das calderasOne nicht hindurch gepasst hätte, habe ich keine gefunden (Bahnübergänge mit diesen blöden, versetzen Geländern könnten vielleicht knapp werden). Was mich beim Urban-Arrow und auch beim Bullit etwas stört, ist die Überlänge dieser Räder. Besonders an Kreuzungen mit Ampelregelung fand ich das echt gewöhnungsbedürftig. Oder mein Arme sind einfach zu kurz. Das calderas-one ist vielleicht nur einen halben Raddurchmesser länger, als ein normales Tourenrad. Das gefällt mir sehr.
sBlocs bietet zu den Getriebenaben auch die Möglichkeit für eine Kettenschaltung. Das wäre auf jeden Fall meine erste Wahl. Warum? Aus wartungstechnischen Gründen und dem Wissen, dass viele der gängigen Getriebenaben aus Japan im Dauereinsatz mit höherem Gewicht zu Problemen (starkem Verscheiß) neigen.
Den offenbar vielfach angefragten Riemenantrieb vermisse ich persönlich überhaupt nicht. Ein Kettenantrieb ist doch ehrlich. Der macht sich lautstark bemerkbar, wenn ihm Öl fehlt und ist in Null Komma nichts austauschbar. Ersatzteile sind stets verfügbar. Und wenns die Restekiste im Keller vom Kumpel ist.
Der Neigemeachnismus in der Vorderachse ist relativ simpel mit Standard-Bauteilen aufgebaut. Die Konstruktion überzeugt im Detail: Saubere Schweißnähte, ordentlich verlegte Kabel, rostfreie Schrauben. Einzig zu bemängeln: Keine zusätzlichen Dichtungen der Lager! Hier ist Optimierungsbedarf angesagt. Weder die Naben noch das Drehlager der (patentierten) Vorderachse besitzen eine Abdichtung gegen Verschmutzung oder Feuchtigkeit.
Dass das Rad beim Abstellen zur Seite abkippt, verunsichert Anfangs. Ist aber normal und ein Umfallen ist eigentlich ausgeschlossen. Die Bremsen sind mit einem „Feststeller“ ausgestattet, so dass das Rad auch in abschüssiger Position sicher abgestellt werden kann.

Kurzum: Jetzt warte ich sehnsüchtig auf den Förderbescheid des Landes Hessen. Wenn der positiv ausfällt, dann kann Marcus schon mal die Teile zusammensuchen 🙂

Vielen Dank nach Berlin an Marcus Dittberner für den Besuch in Niestetal. Eine bessere Werbung geht kaum!

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3 Thoughts to “sBlocs war zu Besuch”

  1. Tino

    Das sBlocs-Rad ist durchaus technisch gelungen und macht total Spaß zu fahren.

    1. Mario Schön

      Mich hat es tatsächlich überzeugt Tino! Sowohl Ina als auch ich empfinden es für Kassel wie geschaffen:
      Sehr kompakt und trotzdem viel Ladevolumen in einer verschließbaren, wetterfesten Transportbox.
      Außerdem eine Sitzposition, die einem Mountainbike sehr nahe kommt.

  2. Thomas

    Bei nächster Gelegenheit werde ich das sblocs Probe fahren. Bin sehr gespannt. Dein Bericht macht Lust auf das Rad.

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