Hmm, ist die Überschrift jetzt ein Relativsatz? Denn im Deutschen stehen Relativsätze immer im Komma und das fehlt. Oder käme das nach Kassel? Wenn das hier ein Deutsch-Lehrer liest, möge er mir Nachhilfe in Grammatik geben 🙂 Am zweiten Mai-Wochenende war es für die SG-Sternler an der Zeit, die lang ersehnte Frühjahrstour zu starten. Und diese, so wurde es im Dezember 2014 beschlossen, sollte über den kompletten Kassel-Steig führen. Der Wanderweg ist laut Literatur gute 160 Kilometer lang und bietet mit seinem Verlauf schlappe 3000 Höhenmeter. Klar, für Ausdauermonster riecht das nach einem Marathon, nonstop, einmal um Kassel herum. Jo, das kann man machen, aber ob’s dann auch noch Spaß macht, wage ich zu bezweifeln. Und außerdem wären wir dann eher mit drei und nicht mit 13 Bikern an den Start gegangen. Wir wollen jeden Meter genießen und übernachten zweimal unterwegs. Das Gepäck haben wir, keine Frage, natürlich auf dem Rücken!
Der Guide bestimmt den Start der Tour. Und der/die wohnt in Heckershausen. Dumm für mich, das ist nämlich genau am anderen Ende der Stadt. Signe (verantwortlich für Übernachtung und Catering) und Dirk (der Mann für’s Wetter und für alle Fälle) führen uns also 3 Tage rund um Kassel, auf den schönsten Wegen im Revier.
Für mich beginnt eine „echte“ Mehrtages-Tour meistens mit Nutzung der Bahn. So richtig beschreiben kann ich das nicht, aber für Touren finde ich es sehr reizvoll, wenigstens ein Stück der Strecke auf Schienen zurückzulegen. Deshalb fahre ich im Chillmodus bis zum Hauptbahnhof (dessen Flair ich ohnehin sehr schätze) und lasse mich mit der RT4 direkt bis Heckershausen gondeln.
Unweit vom Bahnhof sind dann auch schon die ersten Sternler zu finden. Kein Wunder, 13 Biker in Hecko fallen eben irgendwie auf. Und das nicht nur wegen der ZWEI Fatbikes. Allein die Masse lässt Autofahrer bereitwillig anhalten, damit wir alle auf einmal die Kreuzung passieren können. Oder liegt es am Freitag, an dem alle gute Laune wegen des bevorstehenden Wochenendes haben? Auf das geliebte Garmin haben wir diesmal verzichtet (ich musste mich fast zwingen 😉 ), denn die blauen Schilder mit weißer Schrift sind auch im Grün des Frühlings wirklich gut erkennbar und die Meisten unter uns kennen viele Teilabschnitte des Weges ohnehin ziemlich gut. Aber keiner von uns kennt den gesamten Weg. Unsere Guides haben sich dafür entschieden, den Weg entgegen dem Uhrzeigersinn zu fahren.
Somit müssen wir am ersten Tag auch die meisten Höhenmeter überbrücken. Nach dem Stahlberg bei Heckershausen nehmen wir höchst motiviert den Dörnberg und den Habichtswald in Angriff. Der Pfad führt und gnadenlos über alle Höhen. Also nicht etwa an den Helfensteinen entlang, sondern oben drüber. Nicht unterhalb des hohen Dörnbergs entlang, sondern oben drüber. Die Aussicht von ganz oben genießen wir erstmal bei einer Stulle. Außerdem kurbeln wir anschließend noch über den Herkules (machen nochmal ein Päusken), bevor wir uns dann die Langenberge unweit von Baunatal vornehmen. Auf dem Weg dorthin werden wir sogar Zeugen des Kasseler Viehauftriebs am Herbsthäußchen. MannoMann, an der Menschenmenge können wir uns kaum unauffällig vorbei mogeln. Und so werden wir ins Gespräch vertieft, müssen erzählen, essen, trinken und Geschichten anhören. Wirklich spaßig dieser ungeplante Stop! Wir streifen das Firnsbachtal und erklimmen wenig später sehr zur Freude der erschlafften Beine die Ruine Schauenburg. Die geizt nicht gerade mit Rundumsicht und ordentlich Prozenten im Anstieg. Kurz vor unserem Etappenziel müssen wir tatsächlich noch eine letzte Ehrenrunde um den Burgberg drehen. Erst danach rollen wir nach etwas Suche in unser Etappenziel, das Geno-Hotel. 55,55 Kilometer und knapp 1600 Höhenmeter sind die Bilanz des Tages.
Der zweite Tag soll etwas ruhiger im Streckenprofil verlaufen. Fein, da freuen sich die Schenkelchen. Auf mir unbekannten Wegen kurven wir durch Baunatal, Kirchbauna und Hertingshausen. Weitestgehend spaßfrei irgendwie, erst vor Guntershausen wird’s wieder richtig schön. Ein lichter Buchenwald mit fluffigem Untergrund….so könnte es den ganzen Tag weiter gehen. Das klappt aber leider nicht, denn irgendwie müssen wir ja Dörnhagen erreichen und ab dann steht die unerbittliche Söhre auf dem Plan. Uahhh, DAS IST MEIN REVIER, hier kenne ich beinah jeden Meter, gleich kommt heimatliches Gefühl auf. Nach einer Nord-Ost-Süd Schleife arbeiten wir uns bis Wellerode vor. Hier vergrößern wir unsere Gruppe um weitere drei Biker. Steffi mit ihrem nagelneuen Stevens Fatty ist auch dabei, der Björn und dann noch ein Kumpel von Gucci 🙂 Eine kleine Kaffeepause wäre jetzt ganz nett, finden wir. Geht aber nicht, weil wir noch mitten im Wald stehen. Aber in Oberkaufungen plündern wir den Edeka-Markt und lassen uns am Rand der renaturierten Losse zum Schmaus nieder. Inzwischen ist es schon später Nachmittag geworden und ein paar richtig schöne Trails stehen ab hier an: Erst ein Leckerbissen bei Windhausen, dann ein Kurzbesuch am Affendenkmal und schließlich noch ein Blick auf’s Mausoläum des Grafen von Schlieffen. Es schließt sich der halbe Maiertrail an, bevor das Quartier im Landhotel Zum Niestetal bezogen wird. Für die Statistik: 66 Km mit 1033 Hm.
Unsere letzte Etappe starten wir Sonntagmorgens um halb zehn. Früh genug, denn heute sind’s noch weniger Höhenmeter als gestern. Auch der Trailanteil ist nicht sonderlich hoch, so dass es eigentlich flott bis ins Ziel, Heckerhsausen, rollen müsste. Aufi geht’s, ein Stück in Richtung Schützenhaus zurück und hinterm alten Forsthaus hinauf zur Schwedenschanze, die uns unten schon mit ihren Windrädern entgegenwinkt. In Landwehrhagen schlägt der Pannenteufel zu (wie schon so oft die letzten Tage, ich habe irgendwann die Platten nicht mehr mitgezählt!) und wir bekommen durch Zufall eine ganz interessante Geschichte um ein Fahrrad präsentiert, dass wir auch erst auf den zweiten Blick im Grünzeug entdecken. Einst wurde es gern gefahren, dann entwendet, war viele Jahre verschollen, bevor es der Besitzer auf dem Sperrmüll wiederfand. Seitdem schmückt es angekettet den Gartenzaun und beleuchtet des Nachts den Hauseingang (mit Batterie!). Klasse Idee, die es auch schon bis in die Schlagzeilen der HNA geschafft hat….(kann den Artikel leider nicht finden, liegt etwas länger zurück). Ab Lanwehrhagen führt der Kassel-Steig in den tiefen Graben des Ickelsbach, dessen Zugang eine Woche zuvor noch mit etlichen Bäumen vom letzten Sturm versperrt war. Heute ist er schon wieder frei gesägt und wir haben frei Fahrt abwärts. Den Gegenhang können wir ohne Ausnahme nur schiebend erklimmen. Da müssten wir schon Danny MacAskill heißen, um Stufen samt Steigung zu bezwingen. Aber dem bergan folgt natürlich wieder ein bergab, bis vor den Eisenbahntunnel gegenüber von Wahnhausen. Dann führt uns der Steig gefühlt senkrecht nach oben, um beim Gut Kragenhof die Schleuse über die Fulda zu erreichen. Hinter Wahnhausen gibt’s einen technischen Halt, den wir gleich zur Verpflegung nutzen. Der weitere Weg ist wenig spektakulär, bietet bei schönem Wetter aber immer wieder nette Aussichten über die gerade blühenden Rapsfelder. Hinter Rothwesten statten wir der Sternwarte einen kurzen Besuch ab, die ich so aus der Nähe auch noch nie gesehen habe. Ich dachte immer, die sei viel größer….Viel Feld, viel Sicht und viel Wind begleiten uns auf dem Weg bis Mönchehof. Am Schäferberg drehen wir versehentlich noch eine Ehrenrunde, bis wir wieder auf den richtigen Steig finden und dann haben wir es auch schon geschafft. Das war unsere Erstbefahrung des Kassel-Steigs. Am dritten Tag haben wir noch einmal 49 Km und fast 1000 Höhenmeter eingefahren 🙂 Lecker Eis und Pizza gibt es zum Tourenabschluss als Belohnung!
Was bleibt? Eine tolle Erfahrung, die sich mit etwas sportlichem Ehrgeiz sicher auch in zwei Tagen bewältigen lässt und sich wirklich lohnt. Die Macher des Wanderweges haben sich bezüglich des Verlaufes eine ganze Menge Gedanken gemacht. Gefällt, echt klasse!
Weitere Bilder in der Gallerie.
…für solch schöne Berichte (inkl.Wolfgangs Ergänzungen ) muss man sich einfach Mühe in der Organisation geben 😉
War ein tolles WE – hat durch und durch Spass gemacht 🙂
was ? … schon fast wieder eine Woche her ? Es war eine sehr schöne, abwechslungsreiche Tour.
Danke nochmal an die Tourenguides und den Verfasser dieses Berichts.
ach ja, was war noch ?
1. auf der Tour sind immer genügend Schläuche in allen Größen (26, 27,5, 29 , …) mitzuführen 🙂
2. Flieger hat sein 1. Kristallweizen getrunken (Nebenwirkungen ? Fast keine !)
3. Kellerbier darf auch im 1.Stock getrunken werden 🙂
Genau Wolle, danke für die Hinweise 🙂
Insbesondere die Laufradgrößen werden in Zukunft bestimmt für Spaß auf Touren sorgen….
Top. Hört sich gut und spannend an.
Sehr schöne Fotos.
Danke, es hat auch wirklich sehr viel Spaß gemacht. Natürlich hatten wir auch unglaubliches Glück mit dem Wetter und der Boden war pulvertrocken. Wenns nass ist, wird die Runde deutlich anstrengender:)