Ischgl. Ein Sommertraum

Einmal im Jahr startet das Heiligenröder Sonntagsteam (alias Knilcheteam) zu einer Mountainbike-Tour übers Wochenende in die Alpen. Diesmal auf vier Personen reduziert, nur Jörg, Olaf, Wolfgang und Meinereiner. Über ein mögliches Ziel wird sich frühzeitig immer ordentlich Gedanken gemacht. Jörg hat sich einmal mehr als Organisator angeboten und mit seiner Ortskenntnis durch den Wintersport überzeugt. Für dieses Jahr haben wir uns mal für höher gelegene Touren entschieden.  Schon bald lag etliches Kartenmaterial mit einem Strauß an Tourenvorschlägen auf dem Tisch. Ischgl, im Winter DAS Skifahrermekka, hat auch für Mountainbiker im Sommer einiges zu bieten, darüber waren wir uns einig.  Letztes Wochenende (24.-27. Juni) war es dann so weit, extra spät, in der Hoffnung, dass auch die letzten Schneereste endlich der Sonne zum Opfer gefallen sind.

Unser Quartier in Mathon
Unser Quartier in Mathon

Freitag, 24. Juni: Überstunden werden abgebaut und der sechs stündigen Anfahrt bis Mathon (zwischen Ischgl und Galltür gelegen) „geopfert“. Unsere Zimmer können wir schon kurz nach dem Mittag beziehen. Schnell rein in die Bike-Klamotten und rauf auf’s Rad. Die Gedanken schweifen nochmal ganz kurz ins Büro, wo man Freitags um dieses Zeit normalerweise noch an irgendwelchen Projekten schmiedet. Der Anstieg zur Lorein-Alm (1880m) lässt diese Abschweifungen schnell verpuffen. Nicht nur die hochprozentige Steigung, sondern auch die annähernd 30 Grad Außentemperatur lenken alle Konzentration auf die Körperfunktion. Zur Eingewöhnung ist das genau die richtige Tour. Weil wir dann doch noch Saft in den Schenkeln übrig haben, greifen wir nach kurzem Pitstop auf der Alpe den Anstieg bis zur Zollhütte (2133m) im Talschluß auch noch an. Gerade als die Bauarbeiter ihren Bagger, mit dem sie das Bachbett verbreitern, endlich vom Weg fahren und die letzten 100 Meter zur Hütte frei machen, fallen dicke Regentropfen vom Himmel. Seltsam, links am Himmel ist es blau, über den Bergrücken ziehen bedenklich schnell dunkle Wolken auf. Nix wie rein in die Regenklamotten und mit Vollgas zurück in’s Tal. Wir haben nochmal Glück gehabt, auf dem Weg bis Mathon können wir uns wieder halbwegs trocknen. Dennoch: Ein gelungener Einstieg!

Samstag, 25. Juni: Die Wetter-App meldet einen sonnigen Vormittag! Hurra, alle Wolken haben sich verkrümelt, wir starten voller Tatendrang in den Tag. Um kurz nach neun sitzen wir schon auf dem Sattel. Von Mathon aus rollen wir hinunter bis Ischgl und nutzen die Liftkarte, die wir kostenlos von unserem Hotel zur Verfügung bekommen. Schwein gehabt, die Lifte haben exakt seit diesem Wochenende die Sommersaison eröffnet 🙂 Die Auffahrt ab Ischgl ins Skigebiet habe ich noch aus dem zurückliegenden Alpencross von 2006 auf meine innere Festplatte gebrannt. Asphalt, sacksteil und ziemlich spaßfrei. Also nicht mal ein schlechtes Gewissen beim Lift fahren 😉 Denn wir sind ja ausschließlich zum Spaß hier. Etwas Auffahrt wollen wir uns aber trotzdem gönnen. Deshalb steigen wir bereits auf der Mittelstation aus und strampeln den schweißtreibenden Rest bis zur Idalpe aus eigener Kraft hinauf. Naja, was soll ich sagen? Auch steil, auch Asphalt, ABER: wenigstes viel Aussicht dabei! Insofern rechtfertigt sich der Kampf gegen den inneren Schweinehund, der einen immer wieder zum „Radl stoßen“ verführen will. Ab der Idalpe gibts dann endlich den versprochenen Trailspaß zur „Paznauner Taja“ und der „Boden-Alpe“. Beinah unbemerkt hat sich über uns schon wieder ein ordentliches Gewitter zusammen gebraut. Die Alpe erreichen wir just in time, bevor sich das Gewitter über uns entlädt. Das war Timing! Theoretisch könnten wir die Nacht auch auf der Alpe verbringen, doch beovr wir diesen Gedanken weiter ausschmücken, ist zumindest das Gewitter weiter gezogen. Zurück bleibt noch leichter Niesel, der uns aber von der Talfahrt nicht weiter abhält. Schließlich haben wir Regenzeug im Rucksack. Wäre ja auch schade, wenn wir’s umsonst geschleppt hätten (hüstel). Tja, in diesem Jahr habe ich auf Touren irgendwie den Regen gepachtet. Also Vorsicht: Wer auch immer mich in diesem Jahr begleitet: Mit Regen ist zu rechnen. Die Tour war klasse, mit richtig großem Spaßfaktor!

Sonnatg, 26. Juni: Toll, heute morgen brauchen wir nicht mal eine App, um das Wetter der nächsten Stunden zu prognostizieren. Sehr tief hängende Wolken geben wenig Hoffnung auf Fernsicht, oder heute auch nur ansatzweise trocken zu bleiben. Egal, wir haben Urlaub und nehmen auf äußere Umstände einfach keine Rücksicht.  Da heute Sonntag ist, starten wir erst um kurz nach halb zehn. Unser Tourenprogramm ist heute ohnehin durch das EM-Spiel Deutschland gegen Slowakei fremd gesteuert, oder besser gesagt, wir haben einen zeitlichen Anschlag. Das Spiel wollen wir uns selbstverständlich anschauen. Dafür legt sich unser Wirt sogar ordentlich ins Zeug und baut extra für uns einen Fernseher im Frühstücksraum auf! (PublicViewing in der 100-Sehlen-Gemeinde Mathon is nicht und bis Ischgl ist es uns zu weit). Tourenchef Jörg hat für heute eine Seeumrundung mit beliebiger Erweiterung im Petto. Im Klartext: Wir steuern hinauf zum Kops-Stausee (1809m) umrunden diesen und biegen dann ab zur Verbellaalpe (1938m). Die Tatsache, dass wir in der Auffahrt zum See bereits null Sicht haben, lässt gewisse Zweifel an einer Weiterfahrt aufkommen. Obwohl es nicht regnet, sind wir plötzlich komplett nass, müssen das Regenzeug anziehen und werden trotzdem rundrum nass. Auch die niedrige Außentemperatur (gefühlt 5 Grad) nagt an der Motivation. Wir kämpfen uns trotzdem tapfer bis zur Alpe vor und begraben hier endgültig unseren eigentlich Plan der Weiterfahrt bis zur Heilbronner Hütte. Bei diesen Bedingungen ist das absolut unsinnig, da sind wir uns einig. Also drehen wir bei, rollen auf gleichem Weg (der bei diesem Nebel in beiden Richtungen übrigens absolut identisch aussieht, höhö) zurück, der laut Turenbeschreibung traumhafte Ausblicke auf die Berglandschaft offeriert. Wir glauben’s einfach mal, beweisen können wir’s leider nicht. Den mittäglichen Einkehrschwung legen wir in Galltür ein. Weil sich plötzlich die Sonne zeigt, zweigen wir vor der Heimfahrt noch mal eben ins Jamtal ab. Mehrere Alpen liegen auf dieser Strecke. Ein klasse Weg, wir schaffen’s bis zur Dritten, der Scheibenalpe, bevor erneut fette Tropfen auf uns herabfallen. Dafür benutzen wir für den Heimweg einen hübschen Trail auf der gegenüberliegnden Seite des Bachlaufs. Der gefällt den Kühen anscheinend auch am besten, was sich an der Aneinanderreihung ihrer braunen Hinterlassenschaften festmachen lässt. Ausweichen unmöglich, der voll umfängliche Tarnanstrich ist gesichert 🙂 Mit einem kleinen Zeitpuffer zum Duschen vor dem Spiel der Deutschen Mannschaft erreichen wir unser Hotel. Nicht ohne zuvor die riesigen Schutzwälle um Galltür zu begutachten, die nach dem Lawinenabgang 1999 und der enormen Zerstörung des Bergdorfes errichtet wurden.

Montag 27. Juni: Der Blick aus dem Fenster ist ernüchternd, genauso die Tatsache, dass heute schon unser letzter Tourentag angebrochen ist. Die Vorhersage meldet Besserung im weiteren Tagesverlauf und liefert uns damit ausreichend Motivation, gegen halb zehn im Nieselregen aufzubrechen. Unser Plan besteht zunächst in einer Peilung der Lage oberhalb von 2000 Meter Höhe. Um bis dort hinauf zu kommen, bemühen wir einmal mehr die Fimba-Seilbahn. Diesmal allerdings fahren wir hoch bis auf die Idalpe. Eine kurze Beraturngspause erfolgt nach dem Respekt einflößendem Anblick der Bergstation. Über Nacht hat es Neuschnee gegeben und die ohnehin beeindruckende Altschneedecke zusätzlich ergänzt. Wir lassen uns dadurch aber nicht entmutigen, sondern steigen (mehr oder weniger) ganz entspannt in den 6er-Sessel ein. Die Radl hängen außen am Haken. Oben empfängt uns eine steife Brise mit einer Temperatur knapp oberhalb des Gefrierpunktes. Wege sind keine erkennbar, die Schneedecke hat alles unter sich begraben. Zum Glück finden wir ein paar Hinweisschilder für den rechten Weg. Die Abfahrt Richtung Schweiz ist unfahrbar, also drehen wir um und folgen zunächst der Forststraße Richtung Idalpe. Dort angekommen ist guter Rat teuer, welchen Weg wollen wir jetzt noch nehmen, ohne eine Strecke noch einmal zu fahren? Die beste Idee scheint, wieder knappe 200 Meter aufwärts zu fahren und hinter dem kleinen Speichersee nach links schwenken. Schade, auch hier ist die Schneedecke knietief und so weich, dass sich kaum die Räder drehen. Fahren ausgeschlossen, ich wünsche mir mein Fatbike herbei…..Umdrehen? Nee, das ist keine Option. Immerhin ist der Trail auf dem GPS sichtbar. Wir schleppen die Bikes mehr oder wenigger 100 Höhenmeter tiefer, bis wir endlich festen Boden unter die Reifen bekommen. Ab hier ist auch der MTB-Trail wieder sichtbar. Mit schönen Anliegerkurven mäandert er sich talwärts. Ziemlich anstrengend in Anbetracht der Steinbrocken. Wohl dem, der ein Fully sein Eigen nennt 🙂 Einer von uns muss hier die Zähne ziemlich zusammenbeißen. Aber der Spaß lohnt sich. In Summe legen wir bis ins Tal über 1000 Höhenmeter am Stück zurück. Einfach ein Bikertraum! Zufrieden mit dem Tag belohnen wir uns zusätzlich noch mit Kaffee und Kuchen, bevor wir gegen 17Uhr die Heimreise antreten. Keiner von uns hätte gedacht, dass sich der Tag zu einem echten Highlight mausern würde.

Was bleibt? Vier saustarke, erlebnisreiche Tage mit ordentlich Abenteuercharakter leigen hinter uns. Ein ganz dickes Lob und großes Dankeschön an Jörg als Organisator, Kümmerer und auch noch Fahrer. Das war super!

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2 Thoughts to “Ischgl. Ein Sommertraum”

  1. signe

    „Marios Gute Nacht-Geschichten“…einfach schön 🙂

    Hört sich aber auch -trotz des Wetters- nach viel Spass an!!! Toller Bericht.
    Lieben Gruss aus Saalbach.

  2. Olaf

    Das war ne richtig geile Tour und dein Bericht gibt die gesammelten Eindrücke sehr gut wieder.
    Danke an Jörg für die Planung.
    P.S. nach der Tour ist vor der Tour

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